Ausschlussfristen und Mindestlohn – und wieder einmal musste sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit diesem Thema beschäftigen.

In einem aktuellen Urteil (BAG, Urteil vom 24.08.2016, Az 5 AZR 703/15, Pressemitteilung) hat das Bundesarbeitsgericht sich mit der Wirksamkeit von arbeitsvertraglich vereinbarten Ausschlussfristen befasst und im Ergebnis die streitgegenständliche Klausel wegen Verstoß gegen § 9 Satz 3 in Verbindung mit § 13 AEntG für unwirksam erklärt, weil sie auch den Mindestlohn erfasste.

Text der Ausschlussfristen entscheidend

In dem vom 5. Senat des BAG zu entscheidenden Sachverhalt war die Klägerin beim Beklagten, der einen ambulante Pflegedienst betrieb, als Pflegehilfskraft beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien eine sogenannte Verfallklausel, nach der alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Sollte sich die Gegenpartei nicht oder nicht binnen zwei Wochen nach der Geltendmachung äußern, sollte der Anspruch verfallen, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

Die Klägerin war im Zeitraum im November und Dezember 2013 arbeitsunfähig erkrankt. Wegen Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit zahlte der Beklagte keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Erst im Juni 2014 machte die Klägerin ihre diesbezüglichen Ansprüche geltend. Der Beklagte berief sich darauf, dass etwaige Ansprüche verfallen seien.

Mindestlohn darf nicht ausgeschlossen werden

Wie die Vorinstanzen bestätigte auch das BAG den Anspruch der Klägerin. Diesen musste sie nicht innerhalb der arbeitsvertraglich vorgesehenen Fristen geltend machen. Die nach Inkrafttreten der PflegeArbbV (Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche) vom Beklagten gestellte Klausel, so die Bundesrichter, verstoße gegen § 9 Satz 3 AEntG (ArbeitnehmerEntsendeGesetz) und sei deshalb unwirksam, so dass der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV nicht wegen Versäumung der vertraglichen Ausschlussfrist erloschen sei.

Verstoß gegen das Transparenzgebot

Möglicherweise hat die Entscheidung des BAG aber auch Auswirkungen für sämtliche vor in Kraft treten des Mindestlohngesetztes arbeitsvertraglich vereinbarte Ausschlussklauseln. Der Pressemitteilung ist nämlich zu entnehmen, dass (auch) für andere Ansprüche die Klausel nicht aufrechterhalten werden könne, weil dem das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB entgegenstehe.

§ 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

In Rechtsprechung und Literatur besteht Einigkeit, dass Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen, die nach dem 01.01.2015 abgeschlossen wurden/werden, in jedem Fall dann unwirksam sind, wenn nicht Ansprüche auf den Mindestlohn von dieser Klausel ausdrücklich ausgenommen sind. Solche Klauseln sind nicht klar und verständlich und stellen eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar.

Dieser Argumention folgend wären aber sämtliche Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen vor dem 01.01.2015 wegen fehlender Transparenz unwirksam, da sie keine Ausnahmen bzgl. Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz enthalten können, da das Gesetz erst zum 01.01.2015 in Kraft trat. Es bleibt abzuwarten, ob dieses für Arbeitgeber „worst-case-Szenario“ auch den Entscheidungsgründen des Urteils entnommen werden kann.

Achtung: neue Regelung des § 309 Nr. 13 BGB

Neben dieser Entscheidung sollten Arbeitgeber für Neuverträge ab dem 01.10.2016 unbedingt auch die gesetzliche Neuregelung in § 309 Nr. 13 BGB beachten. Nach der alten Fassung waren Klauseln unwirksam, die für eine Anzeige oder Erklärung des Verbrauchers eine strengere Form als die Schriftform gem. § 126 BGB vorsahen. Nunmehr darf keine strengere Form als die Textform iSv. § 126b BGB vereinbart werden. Der Textform genügt u.a. eine E-Mail oder ein (Computer-)Fax.

In vielen Verfallklauseln finden sich Formulierungen, dass Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich geltend gemacht werden müssen. Diese Form der Geltendmachung verstößt nunmehr gegen § 309 Nr. 13 BGB und führt zur Unwirksamkeit der Klausel.

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Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Peter Albert